Als Delta-Gebiet ist die Niederlande nicht nur durch das Meer, sondern auch durch Flüsse überschwemmungsgefährdet. Aufgrund des Klimawandels müssen Hochwasserschutzmaßnahmen immer größeren Wassermengen standhalten.
Um Überschwemmungen zu verhindern, hat die Rijkswaterstaat (das niederländische Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft) ein Hochwasserschutzprogramm (HWBP) initiiert. In Zusammenarbeit mit 21 Wasserverbänden im ganzen Land wird derzeit die größte Deichverstärkungsmaßnahme seit den Deltawerken durchgeführt, die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts abgeschlossen wurden.
In den nächsten 30 Jahren müssen rund 2.000 km Hochwasserschutzanlagen, vor allem Deiche, verstärkt werden.
Einer dieser Deiche ist der Rijnkade in Arnheim, dessen Verlauf teilweise entlang der John-Frost-Brücke führt – dem Schauplatz der berühmten Schlacht im Zweiten Weltkrieg im Jahr 1944, die später im Film Die Brücke von Arnheim (1977) verewigt wurde.
Das 1,2 km lange Verstärkungsprojekt am Rheinufer wurde vom Wasserverband Rijn en IJssel, der Gemeinde Arnheim und der Provinz Gelderland in Auftrag gegeben.
Das Projekt wird vom Baukonsortium SAMEN durchgeführt, einer Zusammenarbeit von Van der Ven, Ballast Nedam und Hakkers. Die Bauarbeiten begannen 2023 und sollen bis 2025 abgeschlossen sein.
Vollständig elektrische Baustelle mit Wasser-Hub
Nahezu alle auf der Baustelle eingesetzten Baumaschinen sind vollelektrisch, ebenso der Piper-Truck, der Materialien vom Land zum Hafenkai transportiert. Dies reduziert CO2-Emissionen sowie Stickstoff- und Lärmbelastungen.Das Arbeiten mitten in der Stadt stellt zusätzliche Herausforderungen in Bezug auf Sicherheit und Zugänglichkeit dar. Um die Beeinträchtigungen für Anwohner und lokale Unternehmen, darunter Bars und Cafés am Flussufer, zu minimieren, hat sich das Projektteam dafür entschieden, zunächst den niedrigen Kai und die Ufermauer, gefolgt vom hohen Kai in kleinen Abschnitten gearbeitet wird.
Die Betonfertigteile wurden per Schiff direkt zur Baustelle geliefert und vor Ort am Kai verbaut. Dadurch wird der Bedarf an Betonarbeiten vor Ort nahezu vollständig eliminiert, was den Projektablauf beschleunigt und sauberer macht.
Der Einsatz des Wasser-Hubs für Lieferungen reduziert die Anzahl der LKW-Fahrten im Stadtzentrum von Arnheim erheblich. Insgesamt werden 96 % der Transporte für das Projekt über den Wasserweg abgewickelt.
Zusammengenommen haben diese verschiedenen Nachhaltigkeitsmaßnahmen — vom Einsatz elektrischer Geräte und Landstrom über den Einsatz von erneuerbarem HVO100 (hydriertem Pflanzenöl) bis hin zum Wasser-Hub für die Logistik — zu einer Emissionsreduktion von 99 % im Projekt geführt. Mit anderen Worten: Diese Baustelle ist nahezu emissionsfrei.
Die Gesamteinsparungen entsprechen dem Einfluss von 203 Erdumrundungen mit dem Auto.
Dekarbonisierung ist machbar, sagt Bramske van Beijma, Direktorin für soziale Verantwortung (CSR) und digitale Innovation bei Ballast Nedam sowie Vorstandsmitglied der Muttergesellschaft Rönesans Holding mit Sitz in der Türkei:
„Wir arbeiten intensiv daran, bis 2030 klimaneutrale Baustellen zu schaffen. Deshalb haben wir unsere CO2-Emissionen bereits zwischen 2008 und 2020 um mehr als 57 % reduziert.“
Materialwiederverwendung minimiert Abfall und reduziert CO2
Kreislaufwirtschaft ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Deichverstärkungsarbeiten, bei denen die Wiederverwendung vorhandener Materialien eine zentrale Rolle im Projekt spielt. Dies hilft, Abfall und den Abbau von Rohstoffen zu minimieren, Energie zu sparen und den CO2-Ausstoß zu reduzieren.Im Rahmen des Projekts werden nicht nur Steine und rund 5.500 Kubikmeter Sand wiederverwendet, sondern auch die Basaltverkleidung der ursprünglichen Barriere. Der Basalt wurde von Hand aufgebrochen und in einer neuen Fassade wiederverwendet.
Veränderung ist nicht einfach für die Bauindustrie, aber notwendig
Neben dem Ziel, bis 2030 100 % CO2-neutrale Baustellen zu erreichen, strebt Ballast Nedam an, bis 2040 einen energie-neutralen Betrieb zu realisieren. Der Energiewandel des Unternehmens begann mit den naheliegenden Maßnahmen – dem Kauf von Ökostrom für Bau- und Bürostandorte sowie Produktionsstätten, wie beispielsweise Betonwerke. Gleichzeitig wurde in emissionsfreie Baumaschinen, wie Walzen und Raupenkräne, investiert.Um den Stromverbrauch auf Baustellen zu steuern, hat Ballast Nedam zudem Batteriespeicher angeschafft. Auch die gesamte Fahrzeugflotte wird auf Elektroautos umgestellt, sodass sie bis 2030 emissionsfrei sein wird.
Die Muttergesellschaft Rönesans Holding verfolgt ebenfalls ambitionierte Ziele in diesem Bereich. So wurde 2023 eine Vereinbarung mit TotalEnergies unterzeichnet, um bis 2028 zwei Gigawatt erneuerbare Energien durch Windkraftprojekte in der Türkei zu entwickeln.
Veränderung ist für eine traditionelle Branche wie die Bauindustrie nicht einfach, aber notwendig, betont Bramske van Beijma:
„Es gibt wirklich nur eine mögliche Schlussfolgerung: Nachhaltigkeit ist Ihre ‚Lizenz zum Arbeiten‘. Wer nicht nachhaltig ist, wird bald keine Rolle mehr spielen. Man muss sich verändern, um bereit für die Zukunft zu sein.“
Quelle : Jim McClelland / SustMeme